Vorbestraft wegen Fahrerflucht?

Vorbestraft wegen Fahrerflucht? - Foto: Wesley Tingey via unsplash


Einleitung

Ist man vorbestraft, wenn man wegen einer Fahrerflucht verurteilt wird? Die Frage stellen sich viele, die erstmals mit dem Vorwurf des „unerlaubten Entfernens vom Unfallort“ (§ 142 StGB) konfrontiert sind. Da die Frage der Vorstrafe nach einer Unfallflucht

  • erstens mit der Strafhöhe und
  • zweitens mit eventuellen früheren Verurteilungen zu tun hat,

muss ich für eine präzise Antwort etwas ausholen:

Was droht bei einer Verurteilung wegen Fahrerflucht?

Strafverfahren wegen Verkehrsunfallflucht enden, wenn es zu einer Verurteilung kommt, meist mit einem Strafbefehl. Ein Strafbefehl ist eine Art Urteil, das in einem schriftlichen Verfahren erlassen wird. In den „normalen“ Fällen der Verkehrsunfallflucht, bei denen es nur um einen Sachschaden geht (Lackkratzer, Schrammen, Beulen usw.), verurteilt der Strafbefehl zu einer Geldstrafe. Oft kommen ein Fahrverbot oder eine Entziehung der Fahrerlaubnis hinzu. Die Geldstrafen nach einer Unfallflucht bewegen sich etwa im Bereich zwischen 15 - 40 Tagessätzen. Höhere Strafen drohen bei einem atypischen Sachverhalt oder bei vielen Vorstrafen. Eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen (das entspricht einem Nettomonatsgehalt), ist also ein Richtwert, an dem man sich bei den meisten Fällen der Verkehrsunfallflucht orientieren kann.

Fahrerflucht im Bundeszentralregister

Eine solche Verurteilung wegen einer Unfallflucht führt in jedem Fall dazu, dass die Strafe im Bundeszentralregister (BZR) eingetragen wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie mit einem Strafbefehl oder mit einem „richtigen“ Urteil nach einer Gerichtsverhandlung („Im Namen des Volkes“) verurteilt werden. Auch auf die Höhe der Strafe kommt es nicht an – die 30 Tagessätze, die oben als Richtwert angegeben wurden, werden ebenso im Bundeszentralregister eingetragen wie eine Verurteilung zu nur fünf Tagessätzen. Das Bundeszentralregister spielt hauptsächlich (aber nicht nur) eine Rolle, wenn es zu einem neuen Strafverfahren kommen sollte. In einem weiteren Strafverfahren können die Strafverfolgungsbehörden anhand des Bundeszentralregisterauszugs sehen, dass Sie schon einmal bestraft wurden. Das hat verschiedene Konsequenzen, vor allem würde eine zweite Verurteilung härter ausfallen. Außerhalb der Strafjustiz können nur wenige Stellen Einblick in das Bundeszentralregister nehmen. Vorsicht ist zum Beispiel geboten bei Bewerbungen in den Polizeidienst, in Beamtenverhältnisse usw. Hier kann auch ein Bundeszentralregisterauszug relevant werden. Ansonsten ist das Führungszeugnis wichtiger.

Fahrerflucht im Führungszeugnis

Das Führungszeugnis gibt das wieder, was im Bundeszentralregister steht. Wenn Sie also ein Führungszeugnis beantragen, dann werden dort die Einträge aufgeführt, die in Ihrem Register stehen. Mit einer für die Verkehrsunfallflucht wichtigen Ausnahme: Erstverurteilungen unter 91 Tagessätzen werden nicht in das Führungszeugnis aufgenommen. Diese Regelung hat den Hintergrund, dass Ersttäter wegen einer geringfügigen Verurteilung nicht sofort den Makel eines Eintrags im Führungszeugnis haben sollen. Hier zeigt der Gesetzgeber also Nachsicht gegenüber Menschen, die nur einmal eine Straftat begehen. 

Für die Verkehrsunfallflucht heißt das: Wenn Sie zum Beispiel wegen Ihrer Unfallflucht einen Strafbefehl über 30 Tagessätze „kassieren“, dann taucht diese Strafe nicht in Ihrem Führungszeugnis auf, wenn es sich um Ihre einzige Verurteilung im Bundeszentralregister handelt. Steht im Bundeszentralregister allerdings schon eine andere Verurteilung, dann wäre der neue Eintrag nicht mehr die Erstverurteilung – grundsätzlich werden dann beide Verurteilungen im Führungszeugnis eingetragen. 

Wichtig zu wissen: Ein Führungszeugnis wird nur auf Ihren eigenen Antrag hin herausgegeben. Anders als beim Bundeszentralregister kann also niemand Einblick in Ihr Führungszeugnis nehmen, wenn Sie nicht vorher persönlich das Führungszeugnis beantragt haben.

Vorbestraft wegen einer Fahrerflucht?

Was heißt das jetzt für die Vorstrafe? Wenn jede Verurteilung im Bundeszentralregister eingetragen wird, sind Sie dann automatisch vorbestraft, wenn Ihnen ein Strafbefehl wegen Fahrerflucht zugestellt wird? Nein. In aller Regel meint man mit Vorstrafe nicht den Eintrag im Bundeszentralregister, sondern den Eintrag im Führungszeugnis. Den Grund dafür findet man in § 53 BZRG. Nach dieser Vorschrift dürfen Sie sich als unbestraft bezeichnen, wenn Ihr Führungszeugnis „sauber“ ist. Erstverurteilungen im Bundeszentralregister, die nicht im Führungszeugnis eingetragen werden, brauchen Sie deshalb nicht zu offenbaren, Sie dürfen sich als „unbestraft“ bezeichnen. Aber auch hier gilt wieder: Vorsicht ist geboten bei bestimmten Stellen, die ein unbeschränktes Auskunftsrecht haben. Hier können auch Erstverurteilungen bekannt werden, die nicht im Führungszeugnis auftauchen.

Was ist mit dem erweiterten Führungszeugnis?

Für die Verkehrsunfallflucht gelten im Hinblick auf das erweiterte Führungszeugnis keine Besonderheiten – eine Erstverurteilung unter 91 Tagessätzen wegen § 142 StGB taucht also auch nicht im erweiterten Führungszeugnis auf.

ACHTUNG! Ein Risiko bleibt!

Auch wenn der Strafbefehl wegen Unfallflucht für sich genommen nicht im Führungszeugnis auftaucht, so bleibt doch ein Risiko. 

Ein Beispiel macht das deutlich:

Angenommen, Sie akzeptieren einen Strafbefehl wegen Unfallflucht, weil dieser für sich genommen nicht im Führungszeugnis aufgenommen wird. Ein Jahr später verschulden Sie einen Verkehrsunfall, bei dem jemand verletzt wird. Weil mit der Ersteintragung eine Einstellung der Sache im zweiten Verfahren (meist, dazu gleich) ausscheidet, wird hierfür ein weiterer Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung erlassen. Damit sind Sie zum zweiten Mal verurteilt. Die 90-Tagessätze-Grenze gilt nicht mehr. Beide Strafen tauchen im Führungszeugnis auf. Sie gelten als vorbestraft! 

Ein weiteres Problem: Der Strafbefehl in dem zweiten Verfahren wird sich schwer vermeiden lassen. Einstellungen wegen Geringfügigkeit oder auch gegen Geldauflage kommen meist nur in Betracht, wenn im Bundeszentralregister noch kein Eintrag vorhanden ist. Man sollte deshalb immer versuchen, bereits den ersten Eintrag im Bundeszentralregister zu vermeiden, auch wenn dieser für sich genommen (noch) nicht im Führungszeugnis auftaucht. 

Wie kann man den BZR-Eintrag wegen Unfallflucht vermeiden?

In vielen Fällen der Verkehrsunfallflucht kann statt des Strafbefehls auch eine Einstellung gegen Geldauflage erreicht werden (selbst wenn sich der Vorwurf nur schwer wegdiskutieren lässt). Zwar muss dann statt der Geldstrafe eine Geldauflage gezahlt werden – aber die Sache wird nicht im Bundeszentralregister eingetragen (und kann deshalb auch das Führungszeugnis nicht gefährden). Weiterer Vorteil: Die Regressansprüche der Haftpflichtversicherung, die so gut wie sichere Folge des Strafbefehls sind, lassen sich nach einer Einstellung oft abwehren. Es kann sich deshalb auch „unter dem Strich“ lohnen, einen Anwalt zu beauftragen, der Einspruch gegen den Strafbefehl einlegt und versucht, eine Einstellung zu erreichen.